Ritzen, Ätzen, Drucken - Die Radierung

Die Radierung – von der Rüstungschmiede in Ihr Atelier!



Radierung Detail Nadel

Für Kunsthistoriker Hans W. Singer sind die Vorzüge der Radierung klar:

„Die radierte Linie ist die Linie par excellence, und die Radierung das Ideal der Schwarzweisskunst.“

Dies schwärmt er in seinem „Handbuch für Kupferstichsammler“.

Doch was ist die Radierung eigentlich? Wie ist sie entstanden und wie wird sie angewandt?

Wir haben für Sie alle wichtigen Informationen in diesem Ratgeber zusammengetragen.



Wissenswertes zur Radierung



Die Radierung (von lat. rado: kratzen, schaben, scharren) ist ein grafisches Tiefdruckverfahren und zählt zu den klassischen künstlerischen Drucktechniken mit jahrhundertealter Tradition.

„Druck“ bedeutet im Allgemeinen, geeignete Druckfarbe auf einer Platte - der Druckform - aufzupressen und zu übertragen. Dieses simple Prinzip eröffnet erstaunlich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.

Ob mit Holz und Schneidewerkzeug, Kupferplatten, Lithosteinen, Schablonen, Säuren und Tuschen, Sieb, Nadel oder Kreide: das Ergebnis ist immer einzigartig – und das Motiv doch reproduzierbar.

Alle druckgrafischen Verfahren lassen sich in folgende Gruppen gliedern:


  • Hochdruck (Holzschnitt, Schrotschnitt, Weisslinienschnitt, Teigdruck, Clair-obscur, Camaieu-Schnitt, Linolschnitt, Zinkätzung)
  • Tiefdruck (Kupferstich, Niello, Stahlstich, Punzenstrich, Punktstich, Schabtechnik, Radierung und Kaltnadelradierung, Aquatina, Kreidemanier, Punktiermanier, Weichgrundätzung, Mehrplatten-Farbdruckverfahren als Ätzverfahren)
  • Flachdruck (Lithographie, Metallplattendruck, Mehrplatten-Farbverfahren)
  • Durchdruck (Serigraphie)
  • Diverse Verfahren wie Monotypie und Glasklischeedruck


Der Ursprung / Die Geschichte der Radierung



Die Radierung gilt als die bekannteste Ätztechnik unter den Tiefdrucktechniken.

Sie ergab sich aus dem Kupferstich. Dessen Wurzeln liegen in den Praktiken der Rüstungs-, Gold- und Silberschmiede des 15. Jahrhunderts. Bei diesem Verfahren wurden Ornamente und Verzierungen mit Russ oder ähnlichen farbgebenden Stoffen ausgerieben.

Frühformen des Kunstverfahrens sind sogar bereits vom Begründer der Frührenaissance-Malerei Masaccio um 1400 überliefert. Albrecht Dürer perfektionierte ab 1515 den Kupferstich in seinen Meisterstichen.

Im 16. Jahrhundert gewann die Radierung dann zunehmend an Bedeutung.

Mit Hilfe der Radierung wurden zeitraubende und schwierige Verfahren umgangen und gleichzeitig die Grenzen des künstlerischen Ausdrucks erweitert. Denn Gegensatz zum Kupferstich oder der Kaltnadelradierung wurde die Bearbeitung des Metalls durch das Ätzverfahren deutlich vereinfacht.

Radierung - Welche Materialien benötige ich für mein Kunstwerk?



Mithilfe unseres Ratgebers benötigen Sie keine weiteren Vorkenntnisse, um in die wunderbare Welt der traditionsreichen Radierung einzusteigen. Auf einen Blick haben wir alle nötigen Materialien für Sie zusammengefasst:

Für die Radierung benötigen Sie:


Schritt für Schritt - Die Anwendung der Radierung



Sie wissen nun alles Wichtige über die Grundlagen der Radierung und welche Materialien Sie benötigen. Aber wie genau funktioniert‘s?

Mit Hilfe von Säure erzeugen Sie gezielt Vertiefungen in einer Metallplatte, die beim Druck die Druckerschwärze aufnehmen. Da nur Linien und Punkte aus dem Metall geätzt werden, bezeichnet man diese Ätztechnik auch als Strichätzung. Die Art und Dauer der chemischen Reaktion im Säurebad bestimmt hierbei die Tiefe und Ausprägung der Linie.

Wir führen Sie Schritt für Schritt durch die Anwendung. Ihrer eigenen Radierung steht nichts mehr im Wege:


  • Überziehen Sie Ihre Druckplatte mit einer säurebeständigen Schicht, dem sogenannten Ätzgrund.
  • Lassen Sie die Druckplatte gut trocknen.
  • Sobald die Platte vollständig getrocknet ist, ritzen Sie Ihr gewünschtes Motiv mithilfe geeigneter Werkzeuge (Radiernadel, Stichel) in die Druckplatte ein. Auf diese Weise wird das Metall unter dem Ätzgrund wieder freigelegt.
  • Tauchen Sie die Platte anschliessend in ein Säurebad. An den Stellen, an denen Sie den Ätzgrund entfernt haben, ätzt die Säure Vertiefungen in die Metallplatte. Sollten Sie Punkte und Linien unterschiedlicher Tiefe kreieren wollen, so können Sie die Platte nach dem Ätzbad nach dem gleichen Prinzip weiter bearbeiten bis Sie das gewünschte Ergebnis erreicht haben.
  • Reinigen Sie die Druckplatte und überziehen Sie sie mit Druckerschwärze.
  • Legen Sie die Platte mit dem Motiv nach oben auf den Drucktisch, darüber das Papier (seitenverkehrt) und darüber den Druckfilz.
  • Nun kann der Druck beginnen!

Tipps und Tricks rund um die Radierung



  • Die Radiernadel lässt sich auf dem Ätzgrund deutlich freier und spontaner bewegen. Nutzen Sie diesen Vorteil, um Ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen.
  • Ätzen Sie die Druckplatte stufenweise, um Schattierungen, Lichter und Farbtiefen deutlicher herauszuarbeiten.
  • Kombinieren Sie die Verfahren der Ätzradierung und der Kaltnadelradierung miteinander für noch mehr Abwechslung und Freiheit.
  • Sollten Sie die Platte mehrmals ätzen: Arbeiten Sie zunächst einen kräftigen Vordergrund heraus, dann den Mittelgrund und zuletzt einen zarten Hintergrund. So geben Sie Ihrem Kunstwerk die nötige Weite und Tiefe.
  • Legen Sie Ihr Bildthema grundsätzlich seitenverkehrt an. Unabhängig der Drucktechnik wird das Motiv erst durch den Druck seitenrichtig auf das Papier übertragen.


Weitere Ätzverfahren



Die Radierung ist natürlich bei weitem nicht die einzige Form der Ätzung. Viele weitere Verfahren warten nur darauf, von Ihnen ausprobiert zu werden. Da Sie nun bestens vorbereitet sind, wie wäre es zum Beispiel mit diesen hier:

  • Weichgrundätzung (Vernis mou)
  • Crayon-Manier


Die Weichgrundätzung unterscheidet sich – wie der Name schon sagt – durch einen weicheren Untergrund von der klassischen Radierung. Legen Sie Papier auf die Druckplatte und zeichnen Sie wie gewohnt mit Bleistift, Kreide oder anderen Materialien Ihr Wunschmotiv. Der Druck legt den darunterliegenden Werkstoff frei. Der Ätzvorgang funktioniert anschliessend analog zur Radierung.

Die Crayon-Manier dient der Imitation von Kreide- und Rötelzeichnungen und unterscheidet sich hauptsächlich durch die Wahl punktierender Werkzeuge (Roulette, Moulette) von der klassischen Radierung.

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